Ötztaler Radmarathon 2023

Bericht von Daniel Hochstrasser:

Aufs Papier zu bringen was man auf den 227 Kilometern und 5500 Höhenmetern des Ötztaler Radmarathons erlebt ist keine leichte Aufgabe – dennoch möchte ich ein paar meiner Erfahrungen mit euch teilen.

In Wahrheit muss ich etwas weiter ausholen, denn hinter der Erfahrung „Ötzi“ steckt so viel mehr als Kilometer und Höhenmeter. Das ganze Spektakel beginnt natürlich Monate vor dem Start. Wer sich dazu entscheidet den Ötzi zu fahren weiß in der Regel was auf ihn oder sie zukommt und, dass das nicht einfach so „nebenbei mitgeht“ sollte auch jedem klar sein. Hunderte Stunden Training am Tag und (jobbedingt) auch in der Nacht, tausende Kilometer auf der Rolle und am Rad – und trotzdem hast du permanent das Gefühl zu wenig getan zu haben!

Auch ist der Ötzi kein Egoprojekt. Die Entscheidung den Ötzi zu fahren sollte tunlichst mit deinen Liebsten koordiniert sein – denn sie Betrifft unweigerlich nicht nur dich selbst, sondern beeinflusst auch maßgeblich das Leben der Menschen, die dir am wichtigsten und nächsten sind. Ein riesiges Dankeschön an dieser Stelle an meine Familie, Freunde und vor allem Christina die mit mir durch- und mich ausgehalten hat. Ohne dich, ohne euch wäre das nie und nimmer möglich gewesen.

Auch wenn man sich anfangs denkt „noch gaaanz viel Zeit bis zum Ötzi“ – fliegt dir die Vorbereitung unweigerlich mehr und mehr um die Ohren. Der heurige, deutlich frühere (und deutlich sonnigere) Juli Termin (09.07.2023) tat noch das seinige dazu bei – so viele Berge die nie gefahren wurden, so viele Trainings die es nie über die Planung hinaus geschafft haben.

Am 09. Juli war es dann endlich soweit – Bereit oder nicht, jetzt heißt es Karten auf den Tisch! Schon bei der Anreise ins Ötztal liegt dieses einzigartige Kribbeln in der Luft. Es sollte sich dann bis zum Start am Sonntag bis ins unermessliche steigert!

Doch wenn dann um 06:30Uhr der Startschuss fällt und sich das fast 5000 Starter große Teilnehmerfeld in Bewegung setzt ist all die Anspannung wie weggeblasen. Ab diesem Zeitpunkt hast du keine Zeit mehr nervös zu sein, denn nun heißt es Trinken, Essen und die beeindruckende Atmosphäre aufsaugen! Mit dem Kühtai(2017m), Brennerpass(1370m), Jaufenpass(2094m) und Timmelsjoch(2474m) stellten sich 4 Alpenpässe zwischen die Teilnehmer und den „Traum“ den Ötzi zu finishen.

Ich hatte das Vergnügen aus dem ersten Startblock zu Starten und konnte mich recht schnell an die Spitze des Feldes arbeiten. Die ersten ca. 30km gingen dann knackig bergab. 53km/h im Schnitt spuckte der Garmin am Fuße des Kühtais – dem ersten von 4 großen Pässen – aus.

Hinauf aufs Kühtai konnte ich mich mit einer knapp 50 Mann starken Spitzengruppe vom Feld absetzen. Das Tempo war gerade zu Beginn sehr hoch – im Wissen, dass es nacher über Innsbruck und den Brenner jedoch einige Kilometer gab auf denen man sich wieder etwas erholen und Verpflegen kann, entschied ich mich etwas zu „overpacedn“ und das hohe Tempo mitzugehen. Es folgte eine HIghspeedabfahrt ins Inntal (113+ km/h) und besagter „Rollerberg“ – der Brenner – wo wir Atterbiker perfekt von Christina und Steffi verpflegt und in die zweite Hälfte des Rennens geschickt wurden. Eine gute Verpflegung ist bei einem Rennen dieser Länge und Höhe der entscheidende Faktor. Umso dankbarer bin ich, dass Christina und Steff in aller Herrgottsfrühe ausgerückt sind und dann über mehrere Stunden am Brenner ausgeharrt haben um uns zu Verpflegen. Vielen vielen Dank!

Es folgte die Abfahrt ins schöne und an diesem Wochenende besonders heiße Südtirol. In Sterzing legten wir dann eine kleine Extraschleife mit einigen Höhenmetern (ca. 150hm) bevor es dann wieder auf die Originalstrecke und weiter auf den Jaufenpass ging. Mit Blick auf das was noch kommen sollte und mit dem Wissen, dass die absolute Spitze nicht zu halten sein würde ließ ich die Spitzengruppe im unteren Teil des „Jaufen“ ziehen und fuhr meinen eigenen Rhythmus. Die Beine waren gut und die vielen Fans entlang der Strecke beflügelten zusätzlich – vor allem im Bereich der Passhöhe kam beinahe Grandtour-feeling auf!

Eine recht selektive Abfahrt später rollte ich schließlich in die letzte große Mission des Tages: das berühmt berüchtigte Timmelsjoch. Mit knapp 30km, satten 1821hm (lt. Strava) und einigen giftigen Rampen ist das Timmelsjoch einer der härtesten Pässe im Alpenraum. Die Sonne brannte unerbittlich auf den Asphalt, die Temperaturen weit über der 30 Grad Marke und die Trinkflaschen neigten sich bereits dem Ende zu. Frei nach dem Motto je wärmer desto besser schraubte ich mich Kehre um Kehre gen Gipfel. Auch hier fand ich sofort meinen Rhythmus und konnte noch einige Fahrer überholen. Richtig hart wurde es ca. 250hm vor dem Gipfel als die Lunge bereits brannte und der Blick immer unschärfer wurde. Durchhalten.

Ob es an der dünnen Höhenluft liegt, an der geringen Sauerstoffversorgung des Gehirns weil das Blut in den Beinen gebraucht wird oder einfach an den vorangegangenen Strapazen – ich weiß es nicht. Auf jeden Fall gipfelt das Ganze in einem physischen, psychischen und emotionalen Ausnahmezustand. Der Moment an dem ich den höchsten Punkt passierte war wohl der emotionalste den ich auf dem Rennrad je erleben durfte.

Nach 07:25:33h passierte ich schließlich glücklich die Ziellinie. Der Ötzi ist definitiv ein ganz besonderes Erlebnis. Das Glücksgefühl in Sölden unter dem tosenden Applaus ins Ziel einzufahren ist einzigartig und das Gefühl „es geschafft zu haben“ unbezahlbar.

Sollte der oder die eine oder andere mit dem Gedanken spielen selbst den Ötzi zu bestreiten – unbedignt machen! Es zahlt sich definitiv aus.

 

Bericht von Michael Weinzinger:

Was für ein cooles Wochenende! Schon lange auf der To Do Liste, konnte ich den Ötztaler endlich in Angriff nehmen und auch ganz gut finishen. Obwohl ich die Tage davor nicht fit war, leider mit einer Verkühlung zu kämpfen hatte, ging es dann am Sonntag um 06:30 Uhr doch ganz gut auf dem Weg in Richtung der 4 Pässe, Kühtai, Brenner, Jaufenpass und Timmelsjoch.

Die Abfahrt Richtung Ötz ist nicht weniger hektisch wie bei jedem anderen Marathon. Echt gefährlich und schnell, man muss konzentriert fahren und aufpassen dass man es nicht übertreibt 🙂 Über das Kühtai und hinauf bis zum Brenner habe ich deutlich mehr investiert wie ich eigentlich vor hatte. Demnach war ich hier echt gut unterwegs und deutlich vor meiner gedachten Zeit. Die beiden Verpflegungsstationen auf dem Kühtai und auf dem Brenner waren sehr wichtig, danke an dieser Stelle für die Organisation und Durchführung der Stationen. Sterzing wird mit einer kleinen Schleife mit ca. 150 hm umfahren bevor man in den Jaufenpass reinfährt. Hier hatte ich meine ersten Probleme, die Wattwerte sanken deutlich und ich wurde langsamer. Trotzdem hatte ich bei der Einfahrt in St. Leonhard, nach ~ 3.000 hm immer noch 29,7 km/h Schnitt.
Es lief dann doch gar nicht so schlecht wo ich ungefähr 26-27 km/h Schnitt und eine Endzeit von ungefähr 08:30 als Best Case im Kopf hatte. Auch wenn mir der Juli Termin grundsätzlich lieber ist, war es hier eine echte Hitzeschlacht, es war brütend heiß und das Timmelsjoch war ein richtiger Kampf. Für die restlichen 30 km Steigung benötigte ich dann knapp 2,5 h auf die Passhöhe. Obwohl ich 8 Flaschen und zusätzlich noch einige Becher Wasser getrunken habe, zuckten die Muskeln und ich musste aufpassen dass diese nicht vollständig verkrampfen. Bei der Abfahrt nach Sölden war ich dann nur noch froh es geschafft zu haben, emotional und glücklich fuhr ich durch Sölden ins Ziel.

Mit der Zeit von <9h war ich total zufrieden, es bleibt eine unglaubliche Erfahrung und viele positive Eindrücke. Der Ötztaler ist einfach was ganz besonderes, da liegt was in der Luft, unglaublich viele Zuschauer an der Strecke und eine wahnsinnig gute Organisation! Herzliche Gratulation an alle Atterbiker zu den super Leistungen und vielen Dank an Steffi u. Christina für die Verpflegung!

Zeit: 8:53.28, Rang: 226, Overall: 522
Ergebnisse: https://www.datasport.com/live/search/?lang=DE&racenr=25423

 

Bericht von Alexander und Reinhard Six:

In Anlehnung an das Motto des Ötztaler Rad Marathons „Ich habe einen Traum“, galt für Reinhard und mich „Wir haben einen Startplatz“ und somit war das Jahres-Highlight fixiert.
Nach einem Everesting am Gahberg (26 Auffahrten in Folge = 8850 Höhenmeter) und der Teilnahme am Mondseer Radmarathon fühlten wir uns gut vorbereitet, die 227 Kilometer mit knapp 5500 Höhenmetern zu bewältigten. Die Wetterprognose ließ erahnen, dass eine Hitzeschlacht bevorstehen würde.

Um 6:30 starteten wir mit rund 4400 Starter*innen und nahmen die 4 Alpenpässe in Angriff. Bei der rasanten Anfahrt zum Kühtai kam es bereits kurz vor uns zu einem Sturz, in dem einige Teilnehmer verwickelt waren. Mit noch mehr Respekt im Gepäck ging es rauf auf das 2000 Meter hohe Kühtai, auf dem uns sehr viele begeisterte Radsportfans einen lautstarken Empfang bescherten.
Mit Spitzengeschwindigkeiten von fast 100 km/h fuhren wir runter nach Innsbruck und über den Brenner nach Italien. Dort wurde am heutigen Tag die 30 Grad Marke erstmals überschritten.
Ab diesem Zeitpunkt spürte man die bereits 140 abgespulten Kilometer, wobei noch mehr als 3000 Höhenmeter folgen sollten. Beim Anstieg auf den Jaufenpass zeigte der Garmin 45 Grad an. Bei jeder schattigen Stelle konnten wir kurz aufatmen und vor Ende des Anstiegs bei der Labe unsere Akkus wieder aufladen.
Die Abschlussprüfung Timmelsjoch stand nun am Programm. Eine Hinweistafel sagte uns, dass in den folgenden 30 Kilometern 2000 Höhenmeter auf uns zukommen werden. Der zweieinhalbstündige Anstieg, mit teilweise 14 Prozent Steigung, verlangte uns alles ab und mit den letzten Reserven konnten wir die Passhöhe (2474m) erreichen.
Bei der 25 Kilometer langen Abfahrt nach Sölden stellte sich noch ein 200hm Anstieg in den Weg, danach hieß es mit hohem Tempo und viel Konzentration  die letzten Meter zu genießen. Das Gefühl, nach diesen Strapazen gesund und ohne körperlichen und technischen Defekt im Ziel zu stehen, war äußerst emotional!

Reinhard überquerte nach 9 Stunden und 50 Minuten die Ziellinie und konnte somit seinen Plan, unter 10 Stunden zu bleiben, umsetzen. Mit einer Fahrzeit von 10 Stunden und 25 Minuten konnte ich das Ziel erreichen und wurde von einigen Atterbikern jubelnd empfangen. Unsere Strategie, das Rennen moderat zu beginnen, um auch noch Körner für die Alpenpässe der zweiten Rennhälfte zu haben, ist voll aufgegangen. Somit kann das Saison Highlight erfolgreich abgehakt werden.

Besten Dank an Steffi und Christina für die Verpflegung am Brenner.
Herzliche Gratulation an unsere Vereinskollegen Daniel, Michi und Mario sowie unserem Begleiter Andreas Lenzeder zu den Top Leistungen!

Bericht von Mario Steinbichler:

Nach der Kälteschlacht in den Vorjahren sollte es laut Wettervorhersage heuer eine richtig heiße Angelegenheit werden. Leider waren die Vorzeichen aufgrund der zu erwartenden Temperaturen und auch einer nicht so guten Form wie in den letzten Jahren eher suboptimal.
Am 09.007. um 0630 fiel bei noch angenehmen Temperaturen endlich der Startschuss zum 42. Ötztaler RM und der Tross von 4600 Startern setzte sich Richtung Oetz in Bewegung. Leider kam es bereits in der ersten Abfahrt zu einem Massensturz den ich nur mit Glück und einem Ausritt über die Böschung entgehen konnte.
Am ersten Anstieg auf das Kühtai versuchte ich gut in den Tritt zu kommen und vernünftig zu „pacen“, um nicht zu viele Körner zu verschießen.
Am Flachstück nach IBK kam eine recht große Gruppe zusammen, mit der ich auch den Brenner in Angriff nahm. Das Tempo am Brenner war hoch und die Gruppe arbeitete gut zusammen.
Im Anstieg zum Jaufen konnte ich meine geplanten Wattwerte aufgrund der Temperaturen und sich schon einstellenden Kreislaufproblemen nicht mehr fahren. Als ich mich an der Passhöhe aufrichtete um mein Trikot zu schließen merkte ich, dass irgendwas gerade gar nicht rund läuft, massive Kreislaufprobleme und Schwindel stellten sich ein und ich hatte echt Probleme am Rad zu bleiben, so wollte ich definitiv die Abfahrt nicht in Angriff nehmen. Nach einigen Minuten Pause ging ich vorsichtig in die Abfahrt.
Aber jetzt ging es ja noch ins Timmelsjoch, massiv Angeschlagen und ohne Druck am Pedal kämpfte ich mich irgendwie den Berg hoch. Aber irgendwann ist jeder Berg zu Ende und so fuhr ich erleichtert über die Passhöhe. Nach kurzem Gegenanstieg an der Mautstelle ging es dann nach 9Std 20min ins Ziel nach Sölden.

 Fazit: Lieber wieder minus Temperaturen und Schneefall am Timmelsjoch als 37 Grad im Anstieg.