RAA Challenge unsupported 2020 – Six Reinhard

Nach mehreren RAA Challenge Starts im 2er Team war es für mich heuer Zeit, die Runde um Oberösterreich mit 560 Kilometer und 6500 Höhenmeter Solo zu fahren. Und nachdem es in diesem Jahr erstmals die Kategorie unsupported gab, entschied ich mich die Strecke ohne Betreuung bzw. Begleitung zu fahren. Eine ganz neue Erfahrung, wenn man sich ums Trinken, Essen, Ausrüstung und alles was man sonst noch braucht selber kümmern muss und nicht auf ein Pace Car mit Betreuercrew zurückgreifen kann.
Mit vielen Trainingskilometern in den Beinen war es dann am Mittwoch um 15:23 soweit. Bei hochsommerlichen Temperaturen stand ich am Start, bei dem ich in sehr viele bekannte Gesichter schauen durfte.
Nach einer recht motivierten Startphase wurde ich bereits kurz nach Weißenkirchen bei einer Abfahrt von meiner Hinterbremse mit einem seltsamen Geräusch begrüßt. Ich hätte wohl doch die Bremsbeläge der Scheibenbremsen noch wechseln sollen, jetzt waren sie nämlich hinüber. Die restlichen 550 Kilometer musste ich dann viel mit der Vorderbremse arbeiten…Bis zum ersten Trinkwasserstop bei einer Tankstelle in Suben (101 km) war es dann eine richtige Qual, da ich durch den viel zu schnellen Start, der drückenden Hitze und dem zermürbenden Gegenwind bereits sehr viel Energie verbraucht habe. Starke Krämpfe und Kraftlosigkeit begleiteten mich. Meine Gedanken ans Aufgeben waren schon sehr weit fortgeschritten doch da kam das erste Mal meine Frau Manuela als „Telefonjoker“ zum Zug. Sie konnte mich motivieren dran zu bleiben und erinnerte mich daran, dass meine Stärken in der Nacht und mit der Fortdauer eines Rennens liegen.
So ging es dann doch weiter und sie sollte recht behalten. Es wurde mit abnehmenden Temperaturen immer angenehmer und die nächsten 50 Kilometer bis zur Donaubrücke in Niederranna liefen recht gut und so ging es ins hügelige Mühlviertel. Ein kurzer Zwischenstopp zum Getränke und Verpflegung auffüllen in Oberkappl (185km) gab neue Energie für die Nacht, in der es dann über Bad Leonfelden, Freistadt und Enns nach zwölf Stunden Fahrzeit mit sehr viel „Telefonjoker“-Unterstützung Richtung Steyr (340 km) ging. Dort konnte ich auf eine persönliche Box zugreifen, die ich vorm Start abgegeben habe und vom Veranstalter hin geliefert wurde. Das frische Trikot war schon längst überfällig, da ich bereits nach wenigen Stunden ein Gel am Trikot statt im Mund verteilt habe… Die Akkus der Lampe, des Garmin und auch die meines Körpers waren danach wieder aufgeladen, was für die noch anstehenden 220 Kilometer enorm wichtig war.
Im Ennstal war ich heuer mit Rückenwind gesegnet und so war die nächste Herausforderung der Hengstpass, wo bereits mein Kumpel Thomas am Straßenrand stand und anfeuerte. Auf der Hengstpasshöhe (420 km) gab es wieder eine Möglichkeit das Trinkwasser nachzufüllen und somit sollte ich ohne weiteren Stopp bis Gmunden kommen. Zwischendurch stand kurz nach Micheldorf noch der Ziehberg im Weg, doch auch dieser konnte (mit viel telefonsicher Unterstützung) bezwungen werden. Über Scharnstein, wo ich das erste Mal meine Familie zum Anfeuern entdeckte lief es bis Gmunden immer besser. Ich spürte, dass noch Reserven vorhanden waren und gab bis zur Anhöhe der Großalmstraße alles. Mit Highspeed (und ohne funktionierender Hinterbremse) schoss ich zum Attersee runter und wusste, dass jetzt nichts mehr schief gehen kann. Die letzten 35 Kilometer waren dann praktisch ein Heimspiel und so konnte ich nach 20 Stunden und 17 Minuten (19:39 reine Fahrzeit) die Ortstafel St. Georgen passieren.
Ein sehr emotionales Gefühl, wenn man anschließend seine Familie, ohne dieser ein solches Vorhaben überhaupt nicht möglich wäre, in den Arm nehmen darf und wieder gesund und glücklich im Ziel angekommen ist. Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Frau Manuela, die mich nicht nur während des Rennens via Telefon motivierte und unterstütze, sondern auch in der langen Vorbereitung viel Zeit und Nerven für mich und meinen Sport geopfert hat.
Hervorzuheben ist auch die ganze Race Around Austria Crew die rund um Michael Nussbaumer auch heuer wieder, trotz der schwierigen Corona Bedingungen, eine Top Veranstaltung aufgezogen haben.

Facts: 19:39 Nettofahrzeit; 28,5 km/h Schnitt (netto); 210 Watt NP; 6. Platz

Bericht: Reinhard Six

Fotos: