Radbahnfahren Dusikastadion

Wien. Ein Samstagvormittag im November, die Wolken hängen tief und ein kalter Wind pfeift durch die Gassen. Trotzdem – eine Schar Atterbiker marschiert gut gelaunt vom Bahnhof aus den Prater entlang. Aber nicht, um sich den dortigen Freuden hinzugeben, im Gegenteil: Ein Schnuppertraining auf der Radbahn im Ferry-Dusika-Stadion steht am Programm. Zugegeben: „Schnuppern“ ist schon eine recht liebliche Umschreibung jener kollektiven Keucherei, welche sich bald nach unserer Ankunft einstellen sollte.

Nachdem sich die tapferen Pedalritter in Schale geworfen haben, heißt es Antreten bei der Radausgabe. Gewohnt fachmännisch werden die Sportgeräte begutachtet, und ein erster Blick verrät: Da fehlt doch was. Kotflügel, Klingel, Reflektoren – Fehlanzeige. Kein Dynamo, keine Lampe, ja selbst ein Flaschenhalter geht ab. Bei der näheren Begutachtung sieht man dann sogar Sorgenfalten auf der Stirn von Radkoryphäe und Vereins-Papaschlumpf Erwin: Auch sämtliche Bremsen, Freilauf und eine Gangschaltung glänzen durch Abwesenheit. Ganz Bahnrad eben, gebremst werden kann nur, indem man gegen die sich ständig mitdrehenden Pedale arbeitet. Na dass kann ja heiter werden! Egal – ein paar Witze darüber und alles lacht. Der Instruktor schweigt.

Nach ein paar einführenden Worten geht es erstmal an die Grundlagen: Losfahren, Pedal einklicken, stehenbleiben, absteigen. Die Fixies lassen uns eingefleischten Radsportler selbst in Standardsituationen erstmal etwas alt aussehen. Wobei das natürlich auch an Erich liegt, der als ältester Schnupperkursteilnehmer bisher in die Geschichtsbücher eingeht – und das mit ein paar markigen Sprüchen die ganze Halle wissen lässt. Alles lacht. Der Instruktor schweigt.

Los geht es mit ein paar Eingewöhnungsrunden hinter dem Guide. Erst wird noch ein bisschen unsicher probiert, doch schon nach wenigen Minuten trauen sich alle durch die beiden Steilkurven der Bahn zu fahren. Respekt vor allem an Erich, der sein Rad so professionell durch die Kurven scheucht, als hätte er nie etwas anderes getan! Beeindruckend und respekteinflößend ist die Bahngeometrie allemal, immerhin beträgt die Überhöhung der Kurve 6(!) Meter, was einer Querneigung von 45 Grad entspricht. Sapperlot, da pfeift’s schon ordentlich hinunter!

Nach einer guten Stunde geht es aber dahin: Immer geordneter zieht man seine Runden, Gruppenfahren, schneller Führungswechsel, belgischer Kreisel, alles wird probiert. Und es wird schnell. Also sehr schnell. Austoben par excellance quasi, man jagt sich durch die Halle als gäb’s kein morgen mehr. Die Schädeldecke bebt, die Beine brennen und der Puls ist im Bereich knapp-unter-Stadiondach, aber egal: Eine All-out-Runde geht noch, irgendwo muss noch ein „Körndl“ zu finden sein!

Nach gut zwei Stunden auf der Bahn heißt es dann ein letztes Mal: Geschwindigkeit drosseln, vooorsichtig ausklicken, Fuß runter, absteigen – so lustig die Hatz‘ auch war, geschossen wie wir sind steigt man doch gerne wieder vom Rad. Eine Mischung aus einer Riesengaudi und Erschöpfung ist einem jeden ins Gesicht geschrieben. Ja gut, außer dem Instruktor halt. Aber der kennt es ja schon.

So gibt man die Räder zurück, belebt die Sinne bei einer ausgedehnten Dusche wieder – und sinniert schon über den nächsten Termin auf der Bahn. Also sei gewarnt, Wien – wir kehren wieder!

Ein großes Dankeschön gebührt noch Martin Granadia von 169k.net, der unsere ersten Geh-, Steh-, bzw. Fahrversuche auf der Bahn fotografisch festgehalten hat!

Bericht: Ingo Hager

Foto: Martin Granadia